Pumpentherapien

Unterstützung Parkinson Erkrankte

Pumpentherapien

In der Frühphase der Parkinson-Erkrankung lassen sich die Symptome häufig gut mit der Einnahme von Tabletten bzw. Kapseln und/oder der Anwendung einer Pflastertherapie über die Haut behandeln. In den fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung kommt es jedoch häufig zum Auftreten von motorischen Komplikationen. Insbesondere tageszeitliche Schwankungen der Beweglichkeit, sog. On-/Off-Phänomene mit schnellem Wechsel zwischen Phasen der Über- und Unterbeweglichkeit schränken die Lebensqualität und Beweglichkeit der Betroffenen stark ein. Eine zufriedenstellende Behandlung mit herkömmlichen Medikamenten ist häufig schwierig und stellt somit Ärzte und Betroffene vor große Herausforderungen.

Für diese Fälle steht neben der oralen Medikation und der Tiefen Hirnstimulation auch die kontinuierliche dopaminerge Stimulation mit Hilfe von Medikamentenpumpen als Therapieverfahren zur Verfügung. Hierbei haben sich insbesondere die kontinuierliche Gabe von subkutanem Apomorphin und intestinalem L-Dopa-Gel als Therapieverfahren mittels einer Pumpe bewährt und sind mittlerweile anerkannte Behandlungsmöglichkeiten für Parkinson-Betroffene im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung.

Apomorphin-Pumpen-Therapie:

Das Medikament Apomorphin gehört zur Gruppe der sog. Dopamin-Agonisten, wirkt aber stärker als die oral verfügbaren Dopamin-Agonisten Rotigotin, Pramipexol und Ropinirol. Da es nur zu einem geringen Teil aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert wird, kann es nicht als Tablette eingenommen werden. Die Verabreichung erfolgt daher subkutan, d.h. durch eine Injektion in die Haut, wodurch die beabsichtigte Wirkung sehr schnell eintritt. Für die kurzfristige Anwendung von Apomorphin steht auch ein subkutaner Injektions-Pen zur Verfügung, der einzelne Dosen des Medikaments in die Haut abgibt. Für die kontinuierliche Applikation steht eine tragbare Infusionspumpe mit Teflonnadel zur Verfügung, die nach vorheriger Einstellung durch den Arzt den Wirkstoff immer gezielt und in der gewünschten Menge abgibt.

Die Apomorphin-Pumpe wird insbesondere bei Parkinson-Patienten mit On-/Off-Phänomenen eingesetzt. Durch die kontinuierliche Verabreichung von Apomorphin über die Haut können gleichmäßigere Blutspiegel des Medikaments als durch eine orale Medikation erreicht werden, die Phasen mit wechselnder Beweglichkeit werden „geglättet“. Dies kommt insbesondere auch bei längerer Anwendung der Pumpe zum Tragen. Die Therapie mit der Pumpe wird in der Regel morgens nach dem Aufstehen begonnen und vor dem Schlafengehen beendet. Die kleine, handliche Pumpe kann in mit einem Beutel oder Gürtel am Körper getragen werden. Relevante Nebenwirkungen sind Müdigkeit und ein leichtes Übelkeitsgefühl. Zur Vorbeugung vor Hautveränderungen (Knötchenbildung) sollte die Einstichstelle der Teflonnadel regelmäßig gewechselt werden.

L-Dopa-Pumpen-Therapie:

Bei der jejunalen L-Dopa-Pumpentherapie wird das Medikament L-Dopa in Kombination mit dem Decarboxylase-Hemmer Carbidopa verwendet, das seit langem als Goldstandard für die Behandlung der Parkinson-Erkrankung insbesondere in den fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung gilt.

Anders als bei der Apomorphin-Pumpentherapie ist aufgrund der Gelform des Medikaments keine subkutane Applikation über die Haut möglich, sondern das Medikament muss direkt in den Dünndarm gegeben werden. Ein großer Vorteil dieser Behandlungsform ist, dass hierbei Kehlkopf, Speiseröhre und Magen der Patienten umgangen werden, was insbesondere bei Parkinson-Erkrankten mit starken Schluckstörungen relevant sein kann. Außerdem besteht bei vielen Betroffenen im Verlauf der Erkrankung eine Störung der Magen-Beweglichkeit, sodass eingenommene Medikamente mitunter sehr lange Zeit im Magen zirkulieren, bevor sie an den Darm und damit schließlich ins Blut abgegeben werden. Durch die direkte Gabe der Medikation in den Dünndarm lässt sich ein Großteil dieser Schwierigkeiten umgehen und – ähnlich wie bei der Apomorphin-Pumpe – ein kontinuierlicher L-Dopa-Wirkspiegel im Blut erreichen. Auf diese Weise können insbesondere Phasen starker Unterbeweglichkeit oder mit unwillkürlichen Bewegungen zum Teil deutlich reduziert werden. Auch die Einnahme der Parkinson-Tabletten mehrfach pro Tag fällt in vielen Fällen vollständig weg. Allerdings muss für die Applikation des L-Dopa-Gel in den Darm ein künstlicher Zugang geschaffen werden. Dies erfolgt über die Anlage einer perkutanen enteroskopischen Gastrostomie (PEG) – Sonde, wie sie z.B. auch bei Patienten verwendet wird, die selbstständig nicht ausreichend Nahrung aufnehmen können. Im Gegensatz zu den herkömmlichen Sonden verfügt die L-Dopa-Pumpen-Sonde über zwei getrennte Schenkel: Einer führt bis in den Dünndarm und dient der Applikation des L-Dopa-Gels. Der andere führt in den Magen und kann bei Bedarf ähnlich wie eine normale PEG zur Gabe von (gemörserten) Medikamenten, Flüssigkeit und ggf. auch Nahrung genutzt werden, wenn bei den betroffenen Patienten ein entsprechender Bedarf besteht. Natürlich ist aber auch eine vollständige weitere orale Nahrungsaufnahme möglich. Auch die Inbetriebnahme dieser Pumpe erfolgt in der Regel morgens nach dem Aufstehen und wird abends vor dem Schlafengehen beendet. Tagsüber läuft die Pumpe kontinuierlich mit einer vom Arzt festgelegten Laufrate, die Gabe einer Morgendosis zur Verbesserung der frühmorgendlichen Steifigkeit sowie zwischenzeitliche Bolusgaben bei Phasen vermehrter Minderbeweglichkeit sind möglich. In Einzelfällen kann auch eine Anwendung über Nacht erfolgen.

Für beide Pumpentherapien existiert die Möglichkeit einer sog „stationären Testphase“. Hierbei erfolgten sowohl für die Apomorphin- als auch für die L-Dopa-Pumpen-Behandlung spezielle Voruntersuchungen, die den Beteiligten eine Vorstellung davon geben, wie die Beweglichkeit unter der Pumpentherapie sein wird. Die Apomorphin-Pumpe kann z.B. für einige Tage unter ärztlicher Aufsicht auf der Station getestet werden, bis man sicher ist, die optimale Pumpeneinstellung gefunden zu haben. Korrekturen der Laufrate der Medikation sind so jederzeit möglich. Auch bei der L-Dopa-Pumpe kann eine entsprechende Testphase erfolgen. Hierbei wird für wenige Tage eine kleine Sonde durch die Nase über den Magen bis in den Dünndarm gelegt, sodass das L-Dopa-Gel in ausreichenden Mengen gegeben werden kann, ohne dass bereits eine endgültige Pumpenanlage durch den Magen erfolgt ist. Außerdem kann die Zeit auf der Station dazu genutzt werden, die Betroffene und deren Angehörige in der Bedienung der Pumpe zu schulen und offene Fragen zu klären. Die Zusammenarbeit von Patienten und Angehörigen ist ein entscheidender Faktor für eine erfolgreiche Pumpenbehandlung.

Indikationen für die Anwendung von Pumpentherapien

Über die Anwendung einer der beiden Pumpentherapien sollte man als Patient zusammen mit seinem behandelnden Arzt insbesondere nachdenken, wenn es trotz häufiger Tabletteneinnahme am Tag zu starken Wirkschwankungen in der Beweglichkeit kommt und man sich insbesondere in seiner Lebensqualität hierdurch stark eingeschränkt fühlt. Grundsätzlich gibt es für die Anwendung der Pumpentherapien keine Alters- oder Erkrankungsdauerbegrenzung. Welche Therapie am besten in Betracht kommt, sollte jeweils individuell mit dem betreuenden Neurologen besprochen werden. Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über Indikationen für die Anwendung der Pumpentherapie:

 

Apomorphin-Pumpe

 

L-Dopa-Pumpe

Wirkfluktuationen und Dyskinesien trotz optimaler oraler/transdermaler Therapie.

 

Wirkfluktuationen und Dyskinesien trotz optimaler oraler/transdermaler Therapie.

Off-Zeit von mehr als 1 bis 2 Stunden pro Tag oder beeinträchtigende Dyskinesien trotz der Einnahme von 5 oder mehr Levodopa-Tabletten/Kapseln pro Tag.

 

Off-Zeit von mehr als 1 bis 2 Stunden pro Tag oder beeinträchtigende Dyskinesien trotz der Einnahme von 5 oder mehr Levodopa-Tabletten/Kapseln pro Tag.

Kommt auch bei älteren Patienten oder leichter bis moderater Demenz in Betracht, wenn eine tiefe Hirnstimulation kontraindiziert ist.

 

Kommt auch bei älteren Patienten oder begleitender Demenz in Betracht, wenn eine tiefe Hirnstimulation kontraindiziert ist.

Der Patient/Angehörige müssen mit den praktischen Erfordernissen der Pumpe umgehen können.

 

Das Umfeld (Angehörige Pflegepersonen) muss mit den praktischen Erfordernissen der Pumpe umgehen können.

Patienten, die sich noch nicht für eine tiefe Hirnstimulation oder eine L-Dopa-Pumpe entscheiden können (Apomorphinpumpe ist am wenigsten invasiv) oder Patienten, die auf eine tiefe Hirnstimulation warten, um das prä- und perioperative Prozedere zu erleichtern.

 

Es dürfen keine Kontraindikationen gegen die Anlage einer PEG-Sonde bestehen.